Keine ordnungsgemäße Mängelrüge per E-Mail – Vorsichtig Haftungsgefahr

12 Feb 2015

Keine ordnungsgemäße Mängelrüge per E-Mail – Vorsichtig Haftungsgefahr

Einleitung:

Der E-Mail-Schriftverkehr erleichtert im Bereich der Bauabwicklung die tägliche Arbeit. Informationen sind – auch an mehrere Empfänger – schnell verschickt. Die Texte können einfach gespeichert und mit mobilen Geräten jederzeit und an jedem Ort abgerufen werden.
Der E-Mail-Schriftverkehr beinhaltet aber eine große Gefahr: Er ist nicht in jedem Falle rechtsverbindlich!
Wird dies nicht in ausreichendem Maße beachtet, können sich schnell Haftungsfragen ergeben. Dies ist immer dann der Fall, wenn es nicht nur um den Austausch von Informationen geht, sondern wenn wirksame Rechtsfolgen eingeleitet werden müssen, wie dies bei Mängelrügen nach § 13 VOB/B der Fall ist.

Schriftform beim VOB/B-Vertrag:

1. Die VOB/B weist in § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 die Besonderheit auf, dass eine schriftliche Mängelanzeige eine verjährungsverlängernde Wirkung hat.

Das Landgericht Frankfurt/Main hat mit seiner Entscheidung vom 08.01.2015 – 2-20 O 229/13 – sehr deutlich gemacht, dass schriftliche Mängelanzeigen den Erfordernissen der eigenhändigen Unterschrift unterliegen.

Der Leitsatz lautet wie folgt:
„1. Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B hat nur eine schriftliche Mängelanzeige eine verjährungsverlängernde Wirkung.

2. Eine schriftliche Mängelanzeige unterliegt dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift.

3. Eine Mängelanzeige nur per E-Mail hat in der Regel mangels eigenhändiger Unterschrift keine verjährungsverlängernde Wirkung nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, es sei denn, es liegt eine qualifizierte elektronische Signatur vor (BGB § 126 Abs. 3, § 126a).“
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall ist die Mängelanzeige nur per E-Mail erfolgt. Eine solche Mängelrüge erfüllt die Erfordernisse an eine schriftliche Mängelanzeige im Sinne des § 13 VOB/B nicht!

Etwas Anderes gilt nur dann, wenn die E-Mail mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verschickt worden ist (§ 126 Abs. 3, § 126a BGB).
Da im streitigen Fall eine solche qualifizierte Signatur nicht verwendet worden ist, ist die Klage wegen Eintritt der Verjährung abgewiesen worden.
Mängelrügen per E-Mail erfüllen grundsätzlich nicht die Anforderungen an eine schriftliche Mängelanzeige!

 

2. Die VOB/B schreibt auch in anderen wichtigen Bereichen die Schriftlichkeit vor.

2.1 Behinderung und Unterbrechung der Ausführung

Behinderungsanzeigen sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B schriftlich zu erheben. Auch hier gilt, dass eine Anzeige per E-Mail mangels eigenhändiger Unterschrift dem Schriftformgebot nicht entspricht. Wird dies nicht beachtet, kann das erhebliche Konsequenzen für die Durchführung des Vertrages haben.
Die Behinderung gilt im Zweifel als nicht geltend gemacht.

2.2 Kündigung durch den Auftraggeber (§ 8 VOB/B) und Kündigung durch den Auftragnehmer (§ 9 VOB/B)

Kündigungen sind schriftlich zu erklären (§ 8 Abs. 5 VOB/B und § 9 Abs. 2 VOB/B). Zur Schriftform gehört die eigenhändige Unterschrift!
Kündigungen per E-Mail ohne qualifizierte Signatur genügen nicht der Schriftform und sind damit rechtsunwirksam.

2.3 Förmliche Abnahmen

Förmliche Abnahmen sind zu protokollieren und schriftlich niederzulegen (§ 12 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B).
Auch hier bedarf es zur Herbeiführung einer eindeutigen Beweislage der eigenhändigen Unterschrift der Beteiligten.

Alle Schriftstücke, die erhebliche Auswirkungen auf die Vertragsabwicklung haben und denen im Rahmen einer Auseinandersetzung beweiserhebliche Bedeutung zukommt, sollten nicht per E-Mail übermittelt werden.

Dazu gehören z. B.:

– Fristsetzungen (Ausführungsfristen und Zahlungsfristen)

– Kündigungsandrohungen

– Vertragsstrafenandrohungen

– Bedenkenanmeldungen

Es gilt folgender Grundsatz:

Eindeutig und beweiswirksam sind Schreiben auch in der heutigen Zeit nur, wenn sie eigenhändig unterschrieben und nachweislich mit der Post zugestellt worden sind!
Schriftform beim BGB-Werkvertrag:

Das BGB kennt im Gegensatz zur VOB/B keine verjährungsunterbrechenden Mängelrügen. Für Bauwerke gilt generell eine Verjährungsfrist von fünf Jahren ab Abnahme.

Für alle anderen Bereiche der Vertragsabwicklung sind die zur VOB/B dargetanen Grundsätze.

 

Nachstehend ein Auszug aus der Entscheidung des LG Frankfurt – 2-20 O 229/13:

LG Frankfurt/Main 8.1.2015 2-20 O 229/13

1. Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B hat nur eine schriftliche Mängelanzeige eine verjährungsverlängernde Wirkung.

2. Eine schriftliche Mängelanzeige unterliegt dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift.

3. Eine Mängelanzeige nur per E-Mail hat in der Regel mangels eigenhändiger Unterschrift keine verjährungsverlängernde Wirkung nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, es sei denn, es liegt eine qualifizierte elektronische Signatur vor (BGB § 126 Abs. 3, § 126a). BGB §§ 126, 126a VOB/B § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2

 

Aus den Gründen:
….
Die Parteien haben in § 16.1 vertraglich eine zweijährige Verjährungsfrist für die streitgegenständliche Anlage vereinbart. Da die Abnahme am 11.08.2010 erfolgte, war das Mangelbeseitigungsverlangen vom 17.05.2013 nach Ablauf der Verjährung und konnte diese daher nicht mehr unterbrechen. Ein früheres wirksames Mangelbeseitigungsverlangen liegt nicht vor, insbesondere auch nicht in der E-Mail vom 05.08.2011.

Zum einen genügt der Inhalt der E-Mail den Anforderungen an eine wirksame Mängelanzeige nicht. Es ergeben sich daraus nicht Art und Umfang etwaiger Mängel. Allein die Formulierung, „die KM2 hat keine Störungsanzeige im Display, läuft aber nicht an“ ist keine hinreichende Beschreibung der Mangelerscheinung ihrem äußeren Erscheinungsbild nach. Auch der anschließende Vor-Ort-Termin hat keine weiteren Erkenntnisse gebracht, so dass unklar war, welche Mängel an ihrer Leistung der Beklagten vorgeworfen werden sollten.

Zum anderen ist die Mängelanzeige nur per E-Mail erfolgt. Die Parteien haben die Geltung der VOB/B vereinbart. Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B hat nur eine schriftliche Mängelanzeige eine verjährungsverlängernde Wirkung. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift kann zwar nach § 126 Abs. 3 BGB durch die in § 126 a BGB geregelte elektronische Form ersetzt werden, setzt dann aber voraus, dass eine qualifizierte elektronische Signatur vorhanden ist, die vorliegend fehlt (vgl. hierzu OLG Frankfurt 4 U 269/11, Urteil vom 30.04.2012). Die VOB/B ist zwar kein Gesetz, ihre Regelungen haben aber quasi-gesetzlichen Charakter im Hinblick auf die Folgen der Nichteinhaltung. Hinzu kommt, dass die Parteien in § 20.4. des Vertrages geregelt haben: „Bei Änderungen oder Ergänzungen diese Vertrages ist aus Beweisgründen Schriftform unter Ausschluss der telekommunikativen Übermittlung (mit Ausnahme von Telefax) zu wählen.“ Dies macht den Willen der Parteien deutlich, dass soweit eine Schriftform vorgesehen ist, einfache E-Mails nicht ausreichen sollen, um eine wirksame Willenserklärung abzugeben (§ 127 Abs. 2 BGB).

 

Text/Verfasser:  RechtsCentrum.de GmbH;  Ginsterweg 13;  30890 Barsinghausen

 

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