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17 Mai 2018

„Ich habe da mal eine Frage“

Montag 9:00 Uhr; Jugenheim; es ist stürmig; die Frisur sitzt; Das Telefon klingelt!
Ich nehme ab, es meldet sich eine Person, welche meine „Nummer“ von der Handwerkskammer erhalten hat.

„Hallo Herr Gieß ich habe da mal eine Frage, hätten Sie mal 2 Minuten für mich. Ich bin doch sicherlich Spezialist für so Holz und Schimmel und so…“? Soso oder so ähnlich beginnen sosolche Anrufe oft. Grundsätzlich frage ich mich schon bei der Eingangsfrage, welches Zeitgefühl mein Gegenüber in der Hörmuschel wohl hat; beginnt nicht selten die eigentliche Frage mit den Worten „Ich muss da etwas ausholen, damit Sie die Zusammenhänge verstehen“! Aha, muss also auch die ganze Geschichte hören. Na dann!  Ich bin ja ein freundlicher und hilfsbereiter Mensch, daher lasse ich das hilfebedürtige Hörmuschelgegenüber natürlich ausholen, damit ich ES auch ja verstehe.

Ich bringe es leider immer noch nicht fertig zu sagen „… erzählen Sie mir doch erst mal, welches Problem Sie haben“! Aaalso, lass ich mir die Geschichte erzählen, höre aufmerksam zu… ok, zwischendrin koche ich mir schon mal einen Kaffee… aber nie soweit abgelenkt, dass ich wichtige Details überhören könnte. So nach und nach, also ungefähr 5-10 Minuten später, scheint sich mein Hörmuschelfreund so langsam dem eigentlichen Problem zu nähern, wo ich ins Spiel kommen könnte. Also, meine verbale Teilnahme am Telefonat.

„Ja Herr Gieß, das ist mein Problem. Aber Sie müssen das Eine noch von dem Handwerker wissen…“! Aha?! Aus dem Einem, werden dann nicht selten Vier-Zig Dinge, welche „so nicht besprochen…“  und „… Der kann es wahrscheinlich nicht besser“. Die Krönung des Ganzen verleiht mein Hörmuschelfreund damit, dass ich über mögliche visuelle Augenscheinnahme von Personen, deren qualitative Handwerksfähigkeiten bewerten soll. Das lautet dann ungefähr so: „Kennen Sie den Herrn XY, haben Sie gesehen wie der aussieht“? Es liegt mir förmlich auf der Zunge zu sagen „Stimmt, jetzt wo Sie es sagen, so wie der Kerle aussieht kann der bestimmt nix“! Aber ich bin ja höflich und übe mich in Geduld, während er die erfahrene Bauhölle nochmals immer und immer wieder durchlebt.

Nach weiteren 10 Minuten erlaube ich mir meinen Hörmuschelfreund darauf aufmerksam zu machen, dass üblicherweise auch Telefonberatungen kostenpflichtig sind und bitte ihn nun mittzuteilen, wie genau ich ihm nun helfen könnte. Die Antwort darauf versetzte mich in kurze Sprachlosigkeit. „Wieso kostenpflichtig? Bis jetzt haben Sie mich doch noch garnicht beraten“!

Oha, darauf muss man erstmal kommen, dachte ich so für mich. Nun, ich sagte ihm, dass zwecks Bewertung der Gesamtsituation wohl die ganze Geschichte gehört werden musste, deswegen hätte er sie wohl auch erzählt. Dann haut er noch Einen raus wie „Sind Sie als öbuv. SV nicht verpflichtet Hilfesuchenden kostenneutral zu helfen“. Ab da gehörte ich wohl auch in die Riege der unfähigen/unverschämten Handwerkszunft, als er dann fragte, „…wie teuer ich denn so sei!“

Nachdem ich meinem Hörmuschelfreund meinen Stundensatz kommunizierte kam die prompte Antwort: „Hätten Sie das mal vorher gesagt, hätte ich Sie erst garnicht angerufen“… und legte auf!!

Ich werde mich darin üben, meine geistigen Fähigkeiten dahingehend auszubauen, um bereits mögliche Interessenten meine Kostennoten über das Universum zu schicken.