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23 Okt 2014

Stand-der-Technik vs. anerkannte-Regeln-der-Technik

Keine Begrifflichkeit verursacht auch unter Fachleuten soviel Irritationen, wie die Beschreibung und deren Anwendung vom Stand der Technik und anerkannten Regeln der Technik.

In Baubeschreibungen, Leistungsverzeichnissen oder gerichtlichen Beweisbeschlüssen werden immer noch der Stand der Technik beschrieben, obwohl die anerkannten Regeln gemeint sind. Dies mag vielleicht dem Wortlaut geschuldet sein, denn Stand-der-Technik suggeriert schließlich „das Aktuelle“, wobei „Regeln der Technik“ nicht wirklich zeitlich greifbar sind. Die rechtlichen Beschreibungen (Technikklauseln) gibt es im Internet reichlich. Hier der Versuch einer vereinfachten Erklärung.

Stand der Technik: Beschreibt die aktuell technischen Möglichkeiten, welche wissenschaftlich als theoretisch richtig gelten.

Beispiel: Die TU Musterstadt entwickelt ein neues Energiesparleuchtmittel XYZ1 für Wohnräume. Alle notwendigen Eigenschaften werden theoretisch nachgewiesen. Die Effizienz wurde rechnerisch ermittelt, die praktische Anwendbarkeit sichergestellt.    

Anerkannte Regeln der Technik: Beschreibt den Stand der Technik, welcher bei Fachleuten bekannt und sich in fortlaufend praktischer Erfahrung bewährt hat.

Beispiel: Das Leuchtmittel XYZ1 wird von Kunden nachgefragt, von Elektrofachbetrieben seit Jahren eingesetzt; an der Qualität gibt es nichts zu beanstanden und die Lebensdauer entspricht den Herstellerangaben.

 

Praxisbeispiel:

Das Leistungsverzeichnis eines Werkvertrags zwischen einem Bauherrn und Handwerker beschreibt z.B. „Die Vorbauwand ist nach dem Stand der Technik herzustellen und zu montieren“. Die Erwartungshaltung des Bauherrn ist eine mangelfreie Leistung seines Auftrags. Um das zu gewährleisten, wird der Handwerker Materialien und Arbeitstechniken anwenden, welche er kennt und sich in seinem Arbeitsalltag fortdauernd bewährt haben.

Der Werkvertrag „verlangt“ vom Handwerker nach dem Stand der Technik zu liefern, der Handwerker naturgemäß die anerkannten Regeln der Technik anwendet. Was ist jetzt richtig? Der Handwerker schuldet grundsätzlich eine mangelfreie Ausführung, also den Sollzustand nach den anerkannten Regeln der Technik. Möchte der Bauherr davon abweichen, also z.B. eine neue Verfahrensweise oder ein, unter Fachleuten, noch unbekanntes Material verwenden, sollte dies vertraglich vereinbart werden. In diesem Fall ist der Handwerker gut beraten, gegen eine Verfahrensweise oder ein Material schriftlich Bedenken anzumelden, wenn er keine langfristigen Erfahrungen hierüber hat.